Wann wusstet ihr, dass die Fashion Week stattfinden können wird?
ELVYRA GEYER: Nach dem Lockdown im März gab es ungefähr zwei Wochen des Abwartens, um zu sehen, wie sich die Situation in Wien, Österreich, aber natürlich auch auf der ganzen Welt entwickelt. Im April haben wir beschlossen, dass es eine Vienna Fashion Week geben wird, nur das Wie war noch unklar. Da so viele große Veranstaltungen für Sommer und Herbst abgesagt wurden, waren wir betreffend der Bestimmungen etwas unsicher, haben dann aber verschiedene Konzepte ausgearbeitet, um in jedem Fall gerüstet zu sein.
Welche Gedanken habt ihr aus der Krise mitgenommen?
MARIA OBERFRANK: Es war anfangs eine Situation, die sich unsere Generation nicht vorstellen konnte. Ich lebe inzwischen mehr im Moment und bin optimistisch. Es gab während des Lockdowns Zeit für zwischenmenschliche Aufmerksamkeit und eine persönlichere Ebene, trotz oder vielleicht gerade wegen virtueller Meetings.
Wie, meint ihr, wird die Modeindustrie durch die Ereignisse der jüngsten Vergangenheit beeinflusst werden? Wird sich nachhaltig etwas ändern?
ELVYRA GEYER: Ich beobachte bereits seit einigen Jahren eine schleichende Veränderung der Strukturen. Bei Präsentationen etwa, zu denen früher nur Einkäufer und Presse Zugang hatten, sind heute auch Online-Medien, Blogger und Influencer vertreten. Die Kollektionen sind nicht sofort erhältlich, da sie ja erst produziert werden müssen. In Zukunft wird Mode präsentiert werden, die auch gleich gekauft werden kann. Durch den zeitweisen Stillstand während Covid-19 war es für die Brands allerdings auch sehr schwierig, ihre Kollektionen rechtzeitig produzieren zu lassen. Das ist mit ein Grund, warum regionale Produktion in Zukunft eine wichtige Rolle spielen wird.
ZIGI MUELLER-MATYAS: Änderungen haben sich schon vor Covid-19 abgezeichnet. Sie werden jetzt wahrscheinlich schneller stattfinden. Designer haben zusätzlich zu Ateliers und Geschäften auch Online-Shops eingerichtet. Die klassische Boutique, in der ein halbes Jahr im Voraus geordert werden muss, wird meiner Meinung nach durch Concept Stores, die die Kollektionen kurzfristiger anbieten können, ersetzt werden. Ich denke auch, dass die vielen Kollektionen – Stichwort Spring/Summer, Herbst/Winter, Cruise Collections und Zwischenkollektionen – der großen Brands auf zwei Kollektionen pro Jahr reduziert werden. Und ich habe auch gehört, dass die großen Fashion Weeks planen, nicht nur Presse und Einkäufer, sondern künftig auch Kunden zu ihren Shows einzuladen. So arbeiten wir auch bereits. Wir wollen jeder modebegeisterten und interessierten Person die Möglichkeit geben, die Shows zu besuchen.